Dienstag, 15. April 2014

Carnevale medievale Sancascianense


Schon bei der Ankunft in San Casciano fiel uns die Beflaggung im Ort auf, aber noch fehlte uns die Erklärung, was es damit aus sich hatte. Die fanden wir dann auf einem Plakat - am nächsten Tag sollte der "Carnevale mediale Sancascianense" statt finden. Ein Ereignis, dass ich schon allein wegen meiner Begeisterung für mittelalterliche Kostüme nicht vermissen wollte!
Wie beim Palio in Siena (und wie wir später feststellten noch in einigen anderen toskanischen Städten) gab es Gruppen der einzelnen Stadtteile, in San Casciano eher auf Straßen bezogen. Unter ihrer jeweiligen Flagge sammelten sich jede "Contrada" (contrada = Stadtteil, Straße) -  "Cavallo", "Gallo", "Gigilio", "Leone" und "Torre" und trat später im Wettkampf gegeneinander an.
Das ganze Städtchen war auf den Beinen, ob im Umzug dabei oder als Zuschauer am Straßenrand - vom Baby mit Schnuller bis zum alten Mann auf Krücken…







Schöne Rittersmänner hoch zu Ross, holde Maiden, Verdammte und Furcht erweckende Gestalten - was für ein Spektakel!

































Es muss nicht immer der Prinz auf dem weißen Pferd sein, oder?





Der Zug der Gruppen ging zunächst durch die Straßen, kulminierte auf dem Marktplatz, wo eine Tribüne aufgebaut war. Auf dem Platz gefühlte Tausendschaften, Menschen dicht an dicht… Unterhalb der Tribüne ein freier Platz, wo die Spiele statt fanden. Zunächst wurden die Gruppen einzeln von verschiedenen Sprechern vorgestellt - es ging um die Geschichte der Region, die von dem ständigen Zwist zwischen Florenz und Siena um ihr Territorium geprägt wurde. Gibt es eine Sprache, die leidenschaftlicher, enthusiastischer klingt als die italienische? Zu schade, dass ich fast nichts verstehe…



Auch Tiere begleiteten den Zug…dieses Pferd war unglaublich entspannt - auch ohne Streicheln. Durchhängende Zügel und ganz lockere Unterlippe, und das in dieser Menschenmenge. Der Reiter schien aber auch recht müde, auf den meisten Fotos scheint er im Sattel zu schlafen. 









Die Kostüme fand ich herrlich…viel schöner als das meiste, was heute so modern ist…












Manche der Verkleideten wirkten derart echt, dass man sie sich gar nicht anders als in den Kostümen vorstellen konnte. Die beiden Ritter könnten doch direkt aus Mittelerde kommen…










Den ersten Ritterkampf bekamen wir nicht mit, aber nach und nach eroberten wir uns einen Platz mit guter Sicht auf das Geschehen.







Lustig der zweite Wettbewerb - welche Gruppe bringt ihre Frauen am schnellsten auf die andere Seite des Platzes? Beim dritten - hier durften die Mädels kämpfen - es galt, die Gegnerin mit einem Sack gefüllt mit ?? von einem etwas breiteren Schwebebalken zu hauen. Manchmal reichte ein einziger Treffer oder eine der Kontrahentinnen gingen sogar durch ihren eigenen Schwung zu Boden… andere zeigten erstaunliche Balance und Standvermögen. 



Das Publikum war jedenfalls begeistert und verfolgte die Darbietungen gespannt.





Nach dem Kampf der Mädels gaben wir auf und drehten noch eine Runde über den inzwischen leerer werdenden Marktplatz und schauten uns die Stände  an.






                                               mit eiserner Hand - und weichem Kragen 











                                  Nach dem Kampf wird der Rittersmann wieder zurecht gezüpfelt





Auf dem Rückweg bemerkten wir die zahlreichen Spiele entlang der Straßen...Weinflaschen fischen, Walnüsse treffen, Wurfspiele...sowie ein Ritterkampf vor dem Caffè Central, wo wir uns noch eine Pichetta Weisswein genehmigten bevor wir nach diesem ereignisreichen Tag in unser Quartier zurück kehrten.

Was noch fehlt: 

Die Geschichte vom schwarzen Hahn

Der schwarze Hahn, "Il Gallo Nero" ist das Wahrzeichen des Weinbaugebietes Chianti. Nach vielen blutigen Zwisten wollten einst die Städte Siena und Florenz ihren Grenzkonflikt durch einen Wettbewerb beenden. Beim ersten Hahnenschrei sollte ein Reiter aus Florenz und ein Reiter aus Siena in Richtung der verfeindeten Stadt aufbrechen - wo sie sich begegneten, sollte die neue Gebietsgrenze festgelegt werden. Die Florentiner ließen ihren schwarzen Hahn ein paar Tage vor dem Ereignis hungern, so dass er vor Hunger schon sehr früh am Morgen krähte. Das verschaffte dem Reiter aus Florenz drei Stunden Vorsprung - er traf den Mann aus Siena beim Castello di Fonterutoli. 
Die beiden Hähne mussten natürlich auch beim Umzug dabei sein - schlank und schmal der schwarze, gut ausgepolstert der weisse Hahn aus Siena.







Wer mal stilecht mittelalterlich essen gehen will (ausprobiert haben wir das noch nicht, aber vielleicht beim nächsten Besuch):
http://www.tuscanyblog.net/2012/03/medieval-restaurant-in-siena-grotta-del.html

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen